19.01.2021

Weiss

Prof. Dr. Markus Kröber ist seit Januar 2018 Chefarzt für Orthopädie, Unfall- und Wirbelsäulenchirurgie an der Rottweiler Helios-Klinik. Er gehört zu Deutschlands führenden Wirbelsäulenspezialisten. Seinen überregionalen Ruf hat er sich auch durch die Behandlung von Tumoren des Nervensystems erworben. Kröbers Arbeitstag beginnt um 7.15 Uhr im Büro. Ab 7.45 Uhr findet die Frühbesprechung statt: „Hier geht es um die Fälle der Nacht und die OP-Planung des Tages.“ Als Dienstkleidung trägt er einen weißen Kittel, weiße Hose, weiße Schuhe und ein weißes Hemd.

Warum treten Ärzte in Weiß auf? Dies hat mehrere Gründe. Einen weißen Kittel kann man bei hoher Temperatur waschen. Weißwäsche ist hitzebeständig. Weiße Kittel sind ein Sinnbild für Sauberkeit. Noch vor 150 Jahren trugen Ärzte lange schwarzeGehröcke, was ihnen Autorität und Würde verlieh. Auf Hygiene achtete man damals noch nicht. Weder wuschen sich die Mediziner regelmäßig die Hände, noch wurde die schwarze Kleidung öfter gewaschen.

Es herrschte die Überzeugung vor, dass sich Bakterien und Krankheitserreger ausschließlich in der Luft befinden. Erst Ende des 19. Jahrhunderts setzte sich die Erkenntnis durch, dass umfassende Hygiene-Maßnahmen Krankheiten deutlich eindämmen. Ab jetzt wuschen sich die Ärzte nach jedem Patienten die Hände. Benutzte Instrumente und getragene Kleidung wurden umgehend gereinigt. Da sich schwarze Kleidung nicht bei hohen Temperaturen waschen ließ, ohne auszufärben, wurde die Farbe weiß gewählt. Nun war aufgrund von Verfärbungen und Flecken auch sofort klar, ob ein Arzt frische Kleidung trug oder nicht.

Passend dazu entwickelte sich der Ausdruck „Götter in Weiß“, da Ärzte mit den Jahrzehnten und aufgrund einer immer technisierteren Medizin einen unantastbaren Ruf genossen. Die Herrschaft über Leben und Tod verlieh den Medizinern eine Aura der Allwissenheit.  Für Markus Kröber jedoch gelten heute andere Gesetze: „Ärzte werden heutzutage zurecht hinterfragt, deshalb ist das Bild von den Göttern in Weiß nicht mehr zeitgemäß.“

Bei Operationen trägt der 54-Jährige übrigens die vorgeschriebenen Kleidungsstücke OP-Hemd oder OP-Mantel, Hose, Handschuhe und Haube. Sterile Kleidung im OP ist längst obligatorisch. Bei normaler Alltagskleidung wäre die Gefahr viel zu groß, Keime, Erreger und Bakterien zu verteilen. Darüber hinaus schützt die spezielle OP-Kleidung vor Verunreinigungen sowie Sekreten. Sie ist entweder grün oder blau: „Weiß eignet sich hier definitiv nicht. Durch die grellen Scheinwerfer und das Blut würde die helle Farbe blenden. Deshalb sind auch die OP-Laken nicht weiß, sondern grün.“

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