19.01.2021

Uniform I

Menschen, die beim Gemeindevollzugsdienst (GVD) arbeiten, kümmern sich darum, dass die Bürgerinnen und Bürger Regeln einhalten. Die oft als „Stadt-Sheriffs“ titulierten Verwaltungsmitarbeiter überwachen den sogenannten „ruhenden Verkehr“, sprich: die parkenden Autos, führen Geschwindigkeitsmessungen durch und kontrollieren Durchfahrtsverbote. Sie erinnern im Winter an die Räum- und Streupflicht, betreuen Parkscheinautomaten, kassieren die Standgebühr auf dem Wochenmarkt und prüfen vor Ort Adressen, wenn Briefe vom Bürgeramt wieder als unzustellbar zurückgeschickt werden. Grassiert nicht gerade eine Seuche, werden bei Veranstaltungen Auflagen gecheckt. Grassiert eine Seuche wird auf die Maskenpflicht hingewiesen.

Martina Fuchs liebt den Job: „Eine Schreibtischtätigkeit wäre nichts für mich! Hier ist jeder Tag anders.“ Die 48-Jährige arbeitet jahrelang in Böblingen und Stuttgart als Schornsteinfegerin. 2018 tauscht sie die schwarze Dienstkleidung mit der blauen Uniform des GVD. Der Liebe wegen zieht sie 2020 nach Rottweil und bleibt der „Branche“ erhalten: „Ich hatte Glück, dass gerade jemand für den GVD gesucht wurde.“ Die Uniform ist für diese Tätigkeit unverzichtbar: „Es wird gleich ersichtlich, wer man ist.“ Insbesondere die weiße Dienstmütze sorgt dafür, dass der Amtsperson mit Respekt begegnet wird: „Erstaunlicherweise wird weniger diskutiert, wenn ich diese Mütze trage und nicht Dienst-Wollmütze oder Dienst-Baseball-Cap.“

Und diskutiert wird gerne – ob beim Knöllchen für das Parken im Halteverbot oder aufgrund des abgelaufenen oder fehlenden Parkscheins: „Ein absoluter Klassiker ist der Satz ,Der Automat ist kaputt‘“. Dabei werfen viele Autofahrer schlicht einen falschen Geldbetrag in das Gerät. Dennoch sind Beschimpfungen oder Beleidigungen äußerst selten: „Mit den meisten Leuten kann man reden.“ Martina Fuchs muss sich somit selten ärgern. Wenn überhaupt, dann ist ein Schwerpunkt in dieser Beziehung die Heerstraße in Rottweil: „Jeden Mittag parken Eltern im Halteverbot, auf dem Gehweg oder dem Radweg, um ihre Kinder von der Schule abzuholen und zwingen dadurch beispielsweise Fußgänger auf die stark befahrene Straße.“ Und regelmäßig reagieren so manche Mama und so mancher Papa uneinsichtig und aggressiv.

Doch Martina Fuchs lässt sich nicht provozieren: „Erst mal sollen die Leute Dampf ablassen, dann argumentiere ich. Das funktioniert in der Regel. Bei notorischen Motzern muss man halt auch mal einen Buckel machen und es runterlaufen lassen.“ Die 48-Jährige hat aber auch viele Fans. So freuen sich speziell die Anwohner in den vier Rottweiler Innenstadt-Vierteln über die Präsenz des Gemeindevollzugsdiensts: „Wir sorgen dafür, dass die Anwohner- Parkplätze nicht von Auswärtigen belegt sind.“ Die älteste Stadt Baden-Württembergs hat Martina Fuchs schon nach knapp einem halben Jahr in ihr Herz geschlossen: „Eine wunderschöne Stadt, ein tolles Team, ich bin begeistert!“

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