08.07.2020

Polterabend

„Man muss versuchen, jeder Krise etwas Positives abzugewinnen“, sagt Alexander Hölle, „es geht darum, kreativ zu sein.“ In jenen Tagen im März 2020 ist aufgrund von Corona alles dicht. Wirklich alles? Nein, die Baumärkte in Deutschland bleiben geöffnet und der 40-Jährige gibt sich einen Ruck. Ins Visier rückt ein Stück „grüne Wildnis“ im Garten seines Eigenheims in Rottweil.

30 Quadratmeter möchte er urbar machen für eine Terrasse samt Hochbeet und Feuerstelle. Ein Projekt, das ihm schon lange unter den Nägeln brennt, aber bislang im Alltagstrott und aus Zeitmangel auf der Strecke blieb: „Ohne Corona hätte ich vermutlich noch nicht damit angefangen!“ Eine zweite Terrasse auf der Nordseite soll es sein. Damit an heißen Sommertagen ein schattiges Plätzchen auch dann zu Verfügung steht, wenn auf der Südseite die Sonne brezelt.

Brav reiht sich Alexander Hölle beim Baumarkt in die Warteschlange ein und erwirbt einen benzinbetriebenen Erdbohrer, der ihm die Arbeit für die Terrassen-Umrandung erheblich erleichtert. Auch die angeforderte Verstärkung trifft ein – sogar überpünktlich: „Trotz Corona stand der gebuchte Kleinbagger samt Baggerführer früher wie geplant auf dem Grundstück.“ Die Maschine kennt kein Erbarmen. Erdreich, ungebetene Vegetation und Steine verlassen innerhalb weniger Stunden den Garten auf Nimmerwiedersehen. Insgesamt zehn LKW-Ladungen schaffen den benötigten Platz.

Am Feierabend und am Wochenende platziert der 40-Jährige mit dem neuen Erdbohrer Löcher für die Stützpfeiler, verschraubt daran die Umrandungselemente aus Stahl, montiert eine stabile Treppe als Gartenzugang und schaufelt tonnenweise Schotter für den Terrassen-Untergrund. Damit auch die Optik stimmt, möchte der Prozessentwickler noch jene Natursteinfließen besorgen, welche schon auf der Südterrasse verbaut wurden. Mittlerweile befindet sich das Projekt auf der Zielgeraden.

Nur noch ein paar Details fehlen, um die sich Freundin Patricia kümmert: so sollen im Hochbeet Gemüse und Kräuter ihren Platz finden. „Wir wollen außerdem noch einen Obstbaum pflanzen“, sagt Alexander. Die restliche „grüne Wildnis“ aber darf bleiben. Selbst wenn die zweite Welle kommt. Insekten und Kleingetier benötigen schließlich auch noch Platz zum Leben.