25.03.2020

TADSCHIKISTAN

Immer wieder erhellt der Glanz großer Weltpolitik die Gaststätte „Züchterheim“. Diese befindet sich in der beschaulichen Gemeinde Denkingen unterhalb des Klippenecks. Das in einer unscheinbaren Seitenstraße gelegene Lokal — im Volksmund seit Jahrzehnten nur als „Rammler“ bezeichnet — wird seit sieben Jahren von Mirsobek Abdurochmonow, genannt „Mirso“, geführt. Mirso bietet seinen Gästen eine Mischung aus deutscher Küche und tadschikischen Spezialitäten. Vor allem aber bietet er speziell für die Denkinger Vereine äußerst flexible Öffnungszeiten. Quasi auf Zuruf steht er spontan bereit, wenn nach Training, Probe oder Sitzung noch ein geselliges Beisammensein gewünscht wird.

Der 59-Jährige stammt aus dem fernen Tadschikistan. Die Liebe zu seiner Heimat in Zentralasien lässt sich an der traditionellen Kopfbedeckung und kleinen Fähnchen im Gastraum ablesen. Für den gelernten Koch steht fest: „Jemand, der seine Vergangenheit vergisst, hat keine Zukunft!“ Er pflegt enge Kontakte zu seinen nur rund 60 Landsleuten, die derzeit offiziell in Deutschland leben. Bestens bekannt ist Mirso auch mit dem tadschikischen Botschafter in Berlin, der es sich wiederum nicht nehmen lässt, regelmäßig in der Gaststätte seines Landsmannes vorbeizuschauen.

Heute jedoch hat sich kein internationaler Besuch angekündigt. Dafür zwei Monteure der Energieversorgung Rottweil (ENRW). Drazen Susnjar und Bernd Irion kommen öfters mittags zum Essen, wenn sie in Denkingen zu tun haben. Die ENRW betreut im Auftrag der Gemeinde die örtliche Trinkwasserversorgung, außerdem die Erdgasleitungen, welche dem kommunalen Unternehmen mit Sitz in Rottweil gehören. Susnjar und Irion sind seit sieben Uhr im Dienst. Im Dorf haben sie einen Hausanschluss Trinkwasser installiert und einen defekten Schacht inspiziert. Nun knurrt der Magen.

Kaum sitzen sie auf ihren Stammplätzen am Tresen, steht auch schon der Beilagensalat vor ihnen. „Wir kündigen unser Kommen immer telefonisch an. Dann ist das Essen schon fertig. Bei einer halben Stunde Pause macht das Sinn“, sagt Drazen Susnjar. Eine Speisekarte benötigen die beiden nicht: „Wir fragen Mirso immer, was er gerade da hat und weg muss. Das soll er dann kochen“, erklärt Bernd Irion. Speziell an Montagen kommen die beiden so regelmäßig in den Genuss von Speisen, welche von Familienfeiern oder Beerdigungen am Wochenende noch übrig sind: „Da sind feine Sachen dabei wie beispielsweise Gulasch, Lamm oder russischer Eintopf.“