07.01.2020

05:59 Uhr

Hans-Christian zählt regelmäßig Autos. Allerdings ausschließlich auf der Landstraße zwischen Beffendorf und Bösingen. Nicht aus beruflichen Gründen. Reines Privatvergnügen. Auch wenn sich der Spaßfaktor in Grenzen hält. Denn es sind viele Autos, die ihn während der zwei Kilometer überholen. Neulich hat er über 30 Fahrzeuge gezählt. Nicht ungefährlich für einen Radfahrer am frühen Morgen, aber unumgänglich, denn es gibt keinen Radweg auf dieser Strecke. „Wenn ein Bus hinter mir klebt und nicht überholen kann, bekomme ich fast ein schlechtes Gewissen“, sagt Hans-Christian.

Rückblick: Vor zwei Jahren hat sich der 51-Jährige Vermessungsingenieur dazu entschieden, einmal pro Woche mit dem neuen E-Bike zur Arbeit zu fahren. Das E-Bike least sein Arbeitgeber, die ENRW Energieversorgung Rottweil. Das Unternehmen nutzt das Angebot der Firma JobRad. Nutzen kann Hans-Christian das Rad wann immer er es will: auf dem Weg zur Arbeit, im Alltag, in den Ferien oder beim Sport. Die monatlichen Raten werden automatisch von seinem Gehalt einbehalten. Dank zusätzlicher steuerlicher Förderung spart der zweifache Familienvater so bis zu 40 Prozent gegenüber einem klassischen Kauf. Wenn er möchte, kann er nach drei Jahren das Rad zum Restpreis erwerben oder das Leasing mit einem neuen Rad fortführen.

Nun verhält es sich so, dass Hans-Christian in Dorhan lebt. Somit beträgt sein Arbeitsweg nach Rottweil satte 30 Kilometer. Was mit dem Auto eine knappe halbe Stunde dauert, bewältigt ein E-Bike-Pilot mit einer durchschnittlichen Geschwindigkeit von 25 Stundenkilometern in rund 70 Minuten. In der Regel macht sich Hans-Christian kurz vor 6 Uhr auf den Weg, nachdem er um 5 Uhr sein Bett verlassen hat. Dazwischen liegen die Zubereitung des Frühstücks für die Familie, die Vorbereitung des Schulvespers seiner beiden Kinder sowie vor allem während der kalten und dunklen Jahreszeit ein aufwendiges Ankleiden: „Skiunterwäsche, drei bis vier Lagen warme Klamotten, Sturmhaube und Warnweste müssen es bei Temperaturen unter null Grad auf jeden Fall sein.“ Ab Herbst kontrolliert er vor Abfahrt auch noch die Beleuchtung am Rad.

Hans-Christian genießt es sehr, einmal pro Woche mit dem E-Bike zur Arbeit zu fahren. Der 51-Jährige schätzt das unmittelbare Naturerlebnis und die sportliche Betätigung: „Ich merke sofort, wenn ich länger ausgesetzt habe.“ Von grandiosen Sonnenaufgängen im Sommer bis hin zum schneebedingten Schieben im Winter reicht die Bandbreite seiner frühmorgendlichen Tour, deren exakte Datierung er Woche für Woche von der Witterung abhängig macht. Von Stürzen blieb Hans-Christian bislang verschont, wenngleich es einmal knapp war: „Ausgerechnet auf einem nassen Kanaldeckel ist das Hinterrad weggerutscht.“ Mit Kanaldeckeln kennt er sich nämlich bestens aus, zählt doch die Vermessung und Erfassung von Abwasserkanälen zu seinen dienstlichen Pflichten.

ENRW VON INNEN

Hans-Christian Kurz arbeitet als Vermessungsingenieur beim ENRW Eigenbetrieb Stadtentwässerung. Er vermisst in Rottweil samt Ortsteilen neue sowie zu ersetzende Abwasserkanäle, erfasst Neubauten für die Berechnung der gesplitteten Abwassergebühr und ist für die Pflege der Kanaldatenbank zuständig. Sie gibt detailliert Auskunft über das örtliche Kanalnetz, welches eine Gesamtlänge von rund 200 Kilometer aufweist. Jedes Jahr werden in einem rollierenden System Kanäle geprüft und – falls nötig – saniert.