17.07.2023

ENRW arbeitet an Wärmeplanung für die Stadt Rottweil

Wie heizen wir zukünftig ressourcenschonend, klimaneutral und bezahlbar? 

Stand: 21.06.2023

Kaum ein Gesetzentwurf sorgt derzeit für so viele Debatten, Verunsicherung und Proteste wie das Gebäudeenergiegesetz (GEG). Die Bundesregierung möchte, dass in den kommenden Jahren möglichst jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben wird. Heiß diskutiert wird daher seit Monaten über Übergangsfristen, Härtefallregelungen und Förderprogramme. Die grundsätzliche Frage lautet: Wie heizen wir in Zukunft unsere Häuser und Wohnungen möglichst ressourcenschonend, klimaneutral und bezahlbar? Natürlich beschäftigen sich auch die Fachleute der ENRW Energieversorgung Rottweil mit diesem wichtigen Thema. Um es vorwegzunehmen: einfache Antworten kann auch der regionale Energieversorger nicht liefern.

Ein wichtiger Baustein ist die sogenannte „Wärmeplanung“. Im Auftrag der Stadt Rottweil arbeiten die Fachleute der ENRW schon seit 2022 intensiv an diesem Projekt. Auf Basis relevanter Daten wie Gebäudeart und -nutzung, Heizsystem, Energieverbrauch und vorhandene Infrastruktur wird die Verteilung der Energieträger in ganz Rottweil erfasst und mögliche Versorgungskonzepte abgeleitet. Eine erste Übersicht des Bestands und mögliche Umsetzungspotenziale liegen voraussichtlich ab Ende 2023 vor.

Die ENRW-Mitarbeiter nutzen die aus der Energieabrechnung bekannten Mengen sowie die zu Heizzwecken genutzten Energieträger, beispielsweise Erdgas, Strom oder Fernwärme. Ergänzt werden diese Daten durch die Aufzeichnungen der Kaminfeger. So lassen sich für die gesamte Stadt Rottweil Art und Bedarf an Energie ermitteln. Gebäude mit ähnlicher Struktur, Lage, Alter und Heizungsart werden in Cluster zusammengefasst und hinsichtlich möglicher Versorgungsoptionen geprüft. „Wir wollen so Lösungsansätze im Rahmen der Förderkriterien und der gesetzlichen Vorgaben für einzelne Straßen und Quartiere suchen“, erklärt Holger Hüneke, technischer Geschäftsführer der ENRW, „einzelne Stadtgebiete können wir mit unseren vorhandenen Fernwärmenetzen bedienen.“ Auch stellt die punktuelle Erweiterung dieser Netze eine Option dar. „Natürlich machen wir als regionaler Energieversorger nur Vorschläge“, so Hüneke, „die Entscheidung liegt immer beim Eigentümer der Immobilie vor dem Hintergrund der gesetzlichen Rahmenbedingungen.“

Die ENRW betreibt derzeit in Rottweil zwei große Fernwärmenetze. Effiziente Blockheizkraftwerke beheizen diese auf Basis von Erdgas oder Biogas. Im Stadtgebiet gibt es zudem eine steigende Anzahl von Quartiersversorgungen, die ebenfalls mit Blockheizkraftwerken, Brennstoffzellen oder Pellets-Heizungen betrieben werden.

Bei diesen vorhandenen Wärmenetzen besteht je nach Struktur und örtlichen Gegebenheiten die Möglichkeit einer Verdichtung oder begrenzten Erweiterung. „In Sachen Wärmeerzeugung müssen auch unsere bestehenden Netze erst einmal die neuen gesetzlichen Vorgaben erfüllen. Diese fordern eine komplette Umstellung auf regenerative Quellen. Das ist eine große Herausforderung“, sagt Holger Hüneke. Eine Umstellung auf Wasserstoff, Biogas, Solarthermie, Abwärme oder Großwärmepumpen müsse sorgfältig geplant werden und bedürfe hoher Investitionen und Bauzeiten: „Da die Kunden allerdings während der Umbauphase auf eine sichere Versorgung angewiesen sind, muss bei engen Platzverhältnissen zuerst eine neue Heizzentrale auf der grünen Wiese gebaut werden.“

In Rottweil werden derzeit rund 2.000 von insgesamt 9.000 Haushalten mit Fernwärme versorgt. Für die Versorgung dieser Kunden sind rund 25 Kilometer Fernwärmeleitungen bereits in den Straßen verlegt. Insgesamt verfügt die Stadt Rottweil über rund 200 Kilometer an Straßen mit Besiedlung. Daran erkennt man, dass die bisherige Fernwärmeversorgung im Bereich von verdichteter Bebauung im Stadtgebiet wirtschaftlich und bedarfsorientiert durch die ENRW ausgebaut wurde.

Bei den heutigen Baupreisen muss für einen Trassenkilometer Fernwärmeleitung rund eine Million Euro veranschlagt werden. Dazu kommen noch Kosten für eine mögliche Sanierung der Abwasserkanäle und Wassernetze, den Ausbau der Stromversorgung und in der Regel noch die Kompletterneuerung der Straße und Gehwege.

Holger Hünekes Fazit fällt demzufolge auch eher nüchtern aus: „Die Wärmewende stellt eine riesige Herausforderung für die regionalen Energieversorger da. Aufgrund der langjährigen Erfahrung der ENRW beim Bau und Betrieb von Fernwärmenetzen und Quartierslösungen, hat das Unternehmen gute Voraussetzungen, die Wünsche der Kunden nach bezahlbarer und umweltverträglicher Energie mittelfristig zu erfüllen. Aus unserer Sicht sind allerdings die zeitlichen Vorgaben zu ambitioniert. Wir werden nicht alle Kunden gleichzeitig mit einer neuen Lösung versorgen können. Die vorhandene Gasinfrastruktur wird sicher in einigen Bereichen noch über längere Zeiträume notwendig sein und könnte zukünftig auch auf Wasserstoff umgestellt werden.“

Die ENRW-Betriebsstelle in Spaichingen wird beispielsweise mit einer Brennstoffzelle beheizt. In einer Brennstoffzelle reagiert ein kontinuierlich zugeführter Brennstoff (zum Beispiel Wasserstoff aus Erdgas) mit einem Oxidationsmittel (wie Sauerstoff aus Luft). Dabei entstehen Wasser, Strom und Wärme. Diese elektrochemische Reaktion wird auch als „kalte Verbrennung“ bezeichnet und ist besonders effizient.