17.07.2023

Energiewende: Ausbau der Stromnetze um Rottweil ist unausweichlich

Die Energiewende in Deutschland ist eine Herkulesaufgabe. Die Erzeugung von Strom durch erneuerbare Energieträger wie Sonne und Wind wird derzeit massiv ausgebaut. Die Großkraftwerke nahe der Verbrauchszentren sollen zunehmend durch dezentrale Erzeugungsanlagen im ganzen Land ersetzt werden.

Für die Betreiber von Stromnetzen, zu denen die ENRW Energieversorgung Rottweil gehört, bringt die Energiewende deshalb enorme Herausforderungen mit sich. Timo Merkt, Abteilungsleiter Technisches Management der ENRW, ist seit Jahren mit dem Thema konfrontiert: „Wir haben schon Anfang der 2000er Jahre unser Stromnetz hinsichtlich eines künftigen Ausbaubedarfs untersucht. Das Ergebnis war die Inbetriebnahme eines zweiten sogenannten ‚Umspannwerkes‘ in Zimmern, welches unser Umspannwerk in Rottweil seit 2013 ergänzt.“ Dieses Umspannwerk soll nun bis 2025 erweitert werden.

„2020 haben wir dann zusätzlich das angrenzende Gebiet unserer Stromnetze rund um Rottweil genau unter die Lupe genommen und eruiert, wo überall Photovoltaik- oder Windkraftanlagen entstehen könnten“, so Merkt weiter. Würden diese Anlagen alle gebaut und betrieben, läge die prognostizierte Stromerzeugung bei einer Leistung von rund 350 Megawatt: „Diese Strommenge müssten wir in unser Stromnetz aufnehmen und über unseren vorgelagerten Übertragungsnetzbetreiber, die Transnet BW, in die Ballungszentren schicken.“

Dafür ist aber die bestehende Strominfrastruktur der ENRW bislang gar nicht ausgelegt, denn: „Der Strombedarf der Menschen und Unternehmen in unserem Netzgebiet beläuft sich aktuell auf eine Anschlussleistung von rund 35 Megawatt.“ Um also irgendwann ungefähr das Zehnfache an Strom aufnehmen und weiterleiten zu können, bedarf es enormer Anstrengungen oder anders ausgedrückt: „Wir müssen massiv investieren und unsere Stromnetze ausbauen.“

Der Ausbau des Versorgungsnetzes zu einem Einspeisenetz ist bei der ENRW bereits seit rund 20 Jahren voll im Gange. Derzeit speisen knapp 2.500 Anlagen im ENRW-Netzgebiet regenerativ erzeugten Strom mit knapp 60 Megawatt ein. Zum Vergleich: im Jahr 2000 waren es gerade einmal 11 Anlagen mit einer Leistung von gut einem Megawatt. Zu den knapp 60 Megawatt kommen bald weitere große Photovoltaik-Parks mit einer Leistung von über 100 Megawatt dazu, die derzeit rund um Rottweil realisiert werden. „Damit ist die bis 2025 geplante Erweiterung der Kapazitäten unseres Umspannwerkes Zimmern bereits wieder restlos ausgeschöpft“, erklärt Timo Merkt.

Der Aus- und Umbau des Stromnetzes zum Einspeisenetz bedeutet zweierlei: zum einen müssen bestehende Kabel ertüchtigt sowie leistungsstärkere Kabel unterirdisch verlegt, zum anderen die sogenannten „Umspannwerke“ erweitert oder sogar um neue Werke ergänzt werden. Bislang verfügt die ENRW schon über ein sogenanntes „110-Kilovolt-Kabel“, welches die zwei bestehenden Umspannwerke der ENRW verbindet. Um die prognostizierten Strommengen zusätzlich aufzunehmen zu können, soll in den nächsten Jahren ein 110-Kilovolt-Kabelring rund um die Stadt Rottweil realisiert werden. Ebenso geplant ist es, mit einem 110 Kilovolt-Kabel ein weiteres Umspannwerk auf Deißlinger Gemarkung anzubinden, um auch dort die erzeugten Leistungen zuverlässig ins Stromnetz aufnehmen zu können.

Dieser Netzausbau erfordert umfangreiche Planungen und hohe Investitionen. Im Vorfeld sind aufwendige Genehmigungsprozesse notwendig. Nichtsdestotrotz liegen die Pläne bereits in Merkts Schublade, denn: „Die Energiewende ist eingeläutet und wir müssen uns vorbereiten.“ Die Kosten für den Bau ein neues Umspannwerk beziffert der Planungs-Ingenieur auf rund sieben Millionen Euro, eine weitere 110-Kilovolt-Leitungstrasse auf sechs Millionen Euro. Aufgrund der Ausbaukosten, die natürlich nicht nur bei der ENRW in Rottweil, sondern bundesweit bei vielen, insbesondere ländlichen Stromnetzbetreibern anfallen, werden die Netzentgelte für den Stromtransport weiter steigen. Denn eines steht fest: die Energiewende finanziert sich nicht von selbst. Die ENRW jedenfalls hat den Netzausbau bereits geplant.

Timo Merkt, Abteilungsleiter Technisches Management bei der ENRW Energieversorgung Rottweil, vor einer Karte, welche die Stromnetze rund um Rottweil zeigt.

Unsere Foto-Montage fasst die Thematik zusammen: Erneuerbare Energieträger wie Photovoltaik werden massiv ausgebaut. Gleichzeitig müssen die Stromnetze (immer mehr unterirdisch) ertüchtigt werden, den in großen Mengen produzierten Strom aufnehmen zu können.