13.03.2023

Wärmegewinnung aus Abwasser

Rottweiler Kläranlage als Ausgangspunkt einer Nahwärmeversorgung

Klima und Umwelt sollen durch Wärmegewinnung aus Abwasser geschont werden. Ein spannender Ansatz, der vielerorts in Pilotprojekten auf eine Realisierbarkeit hin überprüft wird. So lässt beispielsweise das baden-württembergische Umweltministerium in ausgewählten Kläranlagen Anlagen zur Nutzung von Abwasserwärme testen. Theoretisch könnte der aus Kläranlagen gewonnene Abwasserstrom mit effizienter Wärmepumpentechnologie und Wärmenetzen eine nicht zu unterschätzende Zahl an Gebäuden in Baden-Württemberg umweltfreundlich und kostengünstig beheizen. Dies würde den Einsatz fossiler Brennstoffe und damit die hohen CO2-Emissionen, die bisher bei der Wärmeversorgung anfallen, reduzieren.

Auf der vom ENRW Eigenbetrieb Stadtentwässerung betriebenen Kläranlage in Rottweil wird ebenfalls an einer Lösung getüftelt, um die Wärme des durchgängig vorhandenen Abwassers zu nutzen: „Das unreine Trinkwasser ist bei der Einleitung in den Abwasserkanal erwärmt. Durch Wärmetauscher könnte diese Energie grundsätzlich in Teilen genutzt werden“, erklärt Holger Hüneke, technischer Leiter der ENRW. Allerdings erschweren die konstant niedrige Erdtemperatur, das nicht isolierte Kanalnetz und der unregelmäßige Eintrag von Regenwasser eine solche Nutzung. Eine Energiegewinnung via Wärmetauscher wäre zudem stark beeinträchtigt durch Sand und Geröll, die permanent in den Kanal gelangen.

Aussichtsreicher erscheint der Ansatz, das beim biologischen Reinigungsprozess des Abwassers entstehende Klärgas zu nutzen, um Blockheizkraftwerke zu betreiben, welche gekoppelt Strom und Wärme erzeugen. Dieses Verfahren kommt auf der Rottweiler Kläranlage schon seit Jahren zur Anwendung. Der Strom wird direkt für den Betrieb des Klärwerkes genutzt und die Wärme beheizt Faulturm und Betriebsgebäude. Somit ist die Kläranlage weitgehend energieautark und klimaneutral: „Möglicherweise ist an dieser Stelle ein energetisches Restpotenzial vorhanden, das noch weitergehend genutzt werden könnte.“

Dazu ergänzend scheint auch eine Nutzung des gereinigten Abwassers am Ausfluss der Kläranlage möglich. Die konstante Temperatur des gereinigten Abwassers könnte mittels Wärmepumpe ebenfalls als Energiequelle eingesetzt werden. Ausflussmengen und Temperaturen über den Jahresverlauf liegen vor. Erste grobe Abschätzungen ergeben eine mögliche Heizleistung von rund 600 Kilowatt.  Bei der ENRW ist man dabei, die technischen Möglichkeiten zu prüfen, den Investitionsbedarf zu ermitteln und durch Wirtschaftlichkeitsberechnungen eine Realisierung zu prüfen. Auch der Einsatz von Fördergeldern soll dabei Berücksichtigung finden. 

Die Nutzung der Wärme des Rottweiler Abwassers als wichtigen Baustein der Energie- und Wärmewende ist somit also grundsätzlich möglich. Holger Hüneke jedenfalls blickt optimistisch in die Zukunft: „Vielleicht gelingt es uns, im Zuge der Landesgartenschau 2028 ausgehend von unserer Kläranlage eine Nahwärmeversorgung für Neu- und Bestandsgebäude im Wohnviertel ‚In der Au‘ aufzubauen.“

Im Faulturm auf der Rottweiler Kläranlage entsteht aus Klärschlamm Faulgas. Dieses wird zur Energiegewinnung genutzt.