07.07.2022

Rottweiler Hunde

Er ist immer noch DER Imageträger für die Stadt Rottweil weltweit: der Rottweiler Hund. Warum heißt der Rottweiler „Rottweiler“? Vermutet wird, dass die Vorläufer dieser Hunderasse als Begleiter römischer Viehhirten speziell in der Gegend der heutigen Stadt Rottweil auftraten. Im späten Mittelalter jedenfalls erhielten die Tiere nachweislich den Namen „Rottweiler“, da sie in ungewöhnlich großer Zahl für die Viehhändler und Metzger in der ehemaligen Reichsstadt tätig waren. Bis ins 19. Jahrhundert galt Rottweil als Zentrum des überregionalen Viehhandels. Die örtlichen Metzger verkauften Rinder und Schafe in den Breisgau, ins Elsass, an den Bodensee und ins Neckartal. Aus diesem Grund züchteten sie eine äußerst robuste Hunderasse, die in der Lage sein musste, Großviehherden zu bewachen und zu treiben. Mit den Jahrhunderten brachten es die Rottweiler Hunde zu einer internationalen Bekanntheit, die mittlerweile bei weitem nicht mehr nur positiv besetzt ist. Doch davon später mehr.

Nachdem das Vieh nicht mehr durch die Lande getrieben wurde, verloren die Rottweiler Hunde ihre Aufgabe als Hütehund. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts erprobte man den sogenannten „Gebrauchswert“ der Rasse im Polizeidienst. 1910 wurde daraufhin der Rottweiler als Polizei- und Militärhund anerkannt. Aufgrund seines kräftigen Körperbaus sind Rottweiler oft auch Wachhunde. Aber auch unter Leichen- oder Sprengstoffspürhunden finden sich Rottweiler.

Heute ist der 69-jährige Bernhard Schwabe der einzige Rottweiler Züchter, der noch in der namensgebenden Stadt am Neckar die berühmte Hunderasse züchtet. Vor 35 Jahren übernahm er eher zufällig die Zucht „Rottweiler vom Kriegsdamm“, welche sich damals direkt neben dem Gelände des einstigen Schlachthofs befand. An dieser Stelle steht mittlerweile der Lebensmittelmarkt „Culinara“. Im Jahr 2007 verlagerte Schwabe die Zucht in seinen Garten in der Hochwaldstraße. Bestand diese auf dem Kriegsdamm aus bis zu sechs Hunden gleichzeitig, sind seitdem im Wohngebiet maximal drei Hündinnen erlaubt: „Da ich die Hündinnen nicht wegsperren möchte, sondern mich mit ihnen beschäftigen und ihren Charakter kennenlernen will, ist das auch eine sinnvolle Zahl.“

Rüden wären dabei nicht zuträglich: „Die hätten die ganze Zeit nur Sex im Kopf und würden ständig durchdrehen.“ Aus diesem Grund wird die läufige Hündin zu einem vorher nach bestimmten Kriterien ausgesuchten Rüden gebracht: „Bei der Wurfplanung geht es darum, die Eigenschaften der Hündin mit denen des Rüden abzugleichen. Ist die Hündin sehr lebhaft, empfiehlt sich ein ruhiger Rüde und umgekehrt.“ Der erfahrene Züchter rät entschieden davon ab, zwei sehr lebhafte Hunde zu paaren: „Dabei kommen Zombies raus!“

In der Regel dauert der Deckvorgang drei Tage. Zwischen zwei Deckungen liegt ein Tag Pause. Schwabe war mit seinen Hündinnen schon in ganz Deutschland unterwegs: „Ich suche gesunde, ruhige, ausgeglichene und starke Rüden aus, die auch im Hundesport zum Einsatz kommen. Wir sind keine Model-Zucht.“ Mindestens 500 Euro sind für die Samen des Rüden fällig. Der 69-Jährige kennt auch die hässlichen Seiten der Hundezucht: „Top-Rüden werden gestohlen, vergiftet oder für hunderttausende von Euro verkauft. Mir wurden auch schon 50.000 Euro für einen Rüden geboten. Ich habe nur geantwortet: ‚Ich verkaufe doch auch meine Kinder nicht!‘“

War der Deckvorgang erfolgreich, geht es um den 60. Tag der Schwangerschaft zum Röntgen. Der Tierarzt stellt fest, wie viele Welpen sich im Bauch der Hündin befinden. Ab dem 63. Tag steht die Geburt bevor. Die Hündin wird an die Wurfstelle gewöhnt und Schwabe schläft im Zwinger. Durch regelmäßiges Fiebermessen kann er den Geburtszeitpunkt relativ genau bestimmen. Bei der Geburt selbst kommt es darauf an, das Vertrauen der Hündin zu gewinnen. Immerhin zieht der Züchter die Welpen heraus, kappt die Nabelschnur und reibt die Hundebabys trocken. Der Zuchtwart des Allgemeinen Deutschen Rottweiler-Klubs (ADRK) kommt dann vorbei, um die Welpen zu begutachten und zu registrieren. Er schaut sich außerdem das Muttertier und den Zuchtstall an. Erst dann erhalten die Hunde ihre Papiere. Auch dieser Vorgang kostet Geld. 

Sind die Welpen eines Wurfs sechs Wochen alt, kann der Züchter Rückschlüsse auf ihren Charakter ziehen. Er gewöhnt die Hundebabys bewusst an Musik und menschliche Stimmen, auch an vorbeifahrende Autos: „Die Welt da draußen ist ja auch nicht ruhig und steril, deshalb beschäftige ich mich viel mit den Tieren.“ Der Züchter legt viel Wert darauf, seinen Kunden einen passenden Hund zu verkaufen: „Ich lade die Leute immer zu Kaffee und Kuchen ein. In diesem Rahmen kann ich sie kennenlernen. Zu einem ruhigen Menschen passt kein quirliger Hund und umgekehrt. Ich habe aber auch schon Leute weggeschickt. Man übernimmt mit dieser Anschaffung eine große Verantwortung für die Umwelt.“ Wer meint, er bekomme bei Schwabe einen Rottweiler als reines Statussymbol, ist bei ihm an der falschen Adresse. Interessenten aus der ganzen Welt gibt es genügend: „Viele möchten einen Rottweiler besitzen, der aus einer Zucht in Rottweil stammt.“

Nun genießt der Rottweiler mittlerweile leider einen recht zweifelhaften Ruf. Eine Untersuchung in den USA wies nach, dass mehr als die Hälfte tödlicher Hundebisse zwischen 1979 und 1998 von Pit Bulls sowie Rottweilern stammten. Eine 2002 veröffentlichte Studie in der Schweiz kam zum Ergebnis, dass Rottweiler bei medizinisch versorgten Hundebissverletzungen überdurchschnittlich oft als Verursacher in Erscheinung treten. Auch das Institut für Tierschutz und Tierverhalten der Freien Universität Berlin stuft den Rottweiler als auffällig ein. Die Rasse wird in einigen deutschen Bundesländern als Listenhund geführt, das heißt, seine Haltung unterliegt dort bestimmten Einschränkungen. Teilweise müssen die Hunde einen Wesenstest absolvieren.

„Es ist immer der Mensch, der die Rottweiler verdirbt“, weiß Bernhard Schwabe. Er kennt Beispiele von Hundehaltern, die ihrer Verantwortung nicht nachgekommen sind: „Wenn der Welpe mit ins Bett und auf den Sessel darf, wenn die Hunde vermenschlicht werden und keine tiergerechte Erziehung genießen, entsteht kein Respekt vor dem Halter. Irgendwann fängt dann das Beißen an. Der Halter muss als Rudelführer anerkannt sein.“ Der passionierte Hundesportler verkauft seine Welpen nur an Menschen, die eine Begleithundeprüfung abgelegt haben. Gerne steht er auch in den Wochen und Monaten nach dem Kauf für alle Fragen und Nöte zur Verfügung: „Die Leute sollen sich bei Problemen gleich melden, nicht erst nach zwei Jahren.“ Wegen der Prägung sei es wichtig, dass die jungen Hunde bis spätestens in der zwölften Woche zu ihren Besitzern kommen.

Sollte der Fall eintreten, dass ein freilaufender Rottweiler auf einen zu rennt, rät Bernhard Schwabe, sich tot zu stellen: „Stehen bleiben, nicht bewegen und dem Hund nicht in die Augen schauen! Dann müsste dieser das Interesse schnell verlieren.“ Bei einem Rottweiler, den er erzogen hat, würde dieser Fall nicht eintreten: „Meine eigenen Hunde folgen aufs Wort. Aber das fällt nicht vom Himmel. Da braucht es schon Geduld und Spucke, wie es so schön heißt.“

Bernhard Schwabe mit seinen beiden Rottweiler Hündinnen.