07.07.2022

Interview mit

ENRW Geschäftsführer Christoph Ranzinger

Fragen zur Solarinitiative und zum weiteren Ausbau der Erneuerbaren Energien

Der Ausbau der regenerativen Stromerzeugung soll vor dem Hintergrund der angespannten Situation am Energiemarkt und dem Krieg in der Ukraine in Deutschland nochmals beschleunigt werden. Wie sieht die Strategie der ENRW aus?

Als Unternehmen haben wir ja schon lange Jahre Erfahrung mit Erneuerbaren Energien und frühzeitig in diese Form der Stromerzeugung investiert. Neben der Wasserkraftanlage am Betriebsstandort in der Au, der Biomasseanlage in Rottweil-Hausen, den PV-Anlagen auf verschiedenen betriebseigenen und -fremden Dächern, haben wir uns bereits vor mehr als zehn Jahren an verschiedenen Windkraftanlagen außerhalb der Region beteiligt. Alle diese Formen der Stromerzeugung liefern mit den unterschiedlichen Erzeugungsprofilen derzeit einen sehr wichtigen Beitrag im angespannten Stromerzeugungsmarkt.

Der Gemeinderat der Stadt Rottweil hat sich im Zuge der Landesgartenschau 2028 entschieden, dass die Wasserkraftanlage am Betriebsstandort in der Au aufgegeben werden soll. Wie ist die Sicht der ENRW?

Zunächst hat uns diese Entscheidung gar nicht gefallen, da unser Betriebsstandort durch diese qualitativ hochwertige Eigenerzeugung direkt vor der Tür zum wesentlichen Teil mit grünem Strom versorgt wird. Zudem haben wir als Unternehmen und auch die Mitarbeiter einen historischen Bezug zu dieser Anlage. Immerhin gehen die Wurzeln unseres heutigen Unternehmens auf die Wasserkraftnutzung am Neckar zurück.

Deshalb wurden auch im Zuge der politischen Entscheidungsfindung verschiedene technische Varianten geprüft, um das Wasserkraftwerk erhalten zu können. Leider konnten diese Alternativen weder technisch noch wirtschaftlich überzeugen. Wie bei vielen grundlegenden Abwägungsprozessen hat uns aber am Ende die Chance der Stadt Rottweil auf eine grundlegende Renaturierung des Neckarflusslaufes überzeugt. Aus meiner Sicht ergeben sich solche Möglichkeiten nur einmal pro Generation.

Für die Aufgabe der Wasserkraftanlage soll die ENRW von der Stadt Rottweil einen finan- ziellen Ausgleich erhalten. Was passiert mit dem Geld?

Hier haben wir den politischen Entscheidungsträgern frühzeitig signalisiert, dass wir dieses Geld vollständig in den Ausbau neuer regenerativer Stromerzeugungsanlagen in der Region investieren werden. Allein mit den aufgeführten Beteiligungen an den PV-Freiflächenanlagen werden wir die wegfallende Strommenge der Wasserkraftanlage um ein Vielfaches ausgleichen. Darüber hinaus sind bereits weitere Projekte identifiziert oder es wurden bereits Absichtserklärungen mit Projektentwicklern geschlossen.

Neben der Sonnenenergie gibt es weitere erneuerbare Energiequellen, zum Beispiel die Windkraft. Wie sehen Sie hier die Entwicklung in der Region?

Wir haben uns schon ab dem Jahr 2008 intensiv mit dem Thema Windkraft in der Region auseinandergesetzt. Damals waren die gesetzlichen Rahmenbedingungen und auch die Technik noch nicht so weit, um in dieser eher windschwachen Gegend technisch und wirtschaftlich sinnvolle Projekte umsetzen zu können. Deshalb beteiligen wir uns seit 2010 an dem Offshore-Windpark Baltic 1 in der Ostsee. Die Anlagen haben sich seit der Inbetriebnahme 2011 mit durchschnittlich mehr als 4000 Benutzungsstunden im Jahr sehr erfreulich entwickelt. Darüber hinaus sind wir Mitglied der kommunalen Beteiligungsgesellschaft Windpool GmbH & Co KG, die Windparks in ganz Deutschland erfolgreich betreibt.

Ab dem Jahr 2015 haben wir mit der Kooperation Erneuerbare Energien Landkreis GmbH eine Projektentwicklung für einen Windpark im Schwarzwald vorangetrieben. Leider hat sich hier ein anderer Anbieter durchgesetzt, der den Windpark im vergangenen Jahr in Betrieb genommen hat. Vor dem Hintergrund leistungsfähiger Turbinen gehen wir fest davon aus, dass in den kommenden Jahren auch Chancen für erfolgreiche Windkraftprojekte in der Raumschaft vorhanden sind.