07.07.2022

Metal-Core

made in Rottweil

„Wir machen nur noch Sachen, von denen wir komplett überzeugt sind!“, sagt Severin Sailer und drückt auf dem PC im Kellerraum eines Einfamilienhauses in Rottweil auf die Enter-Taste. Was dann aus den Boxen kommt, ist derart energiegeladen, dass es in der Magengrube kitzelt. Wie auf Kommando beginnen Severin und Bandkollege Bastian mit dem Kopf zu wippen. Treibendes Schlagzeug, fräsende E-Gitarre und eine Stimme, die mit brachialer Energie singt und schreit.

Metal-Core ist kein Genre für Feingeister. Eine Mischung aus Heavy Metal, Punk und Hardcore. Wem das alles gar nix sagt: hart, laut, schnell und nicht immer melodiös. Prägende Merkmale: Verzerrte Gitarren, Riffs in Hochgeschwindigkeit, ein Schlagzeug, das zeitweise an einen Presslufthammer erinnert und schreiender Gesang. Lärmendes Chaos für die einen, Musik zum „Pogo“ tanzen und „Headbanging“ für die anderen. Beim Pogo tanzen, hüpfen die Tänzer wild durcheinander, rempeln und schubsen sich an und lassen ihrer Energie freien Lauf. Beim „headbangen“ stehen die „Hörer“ auf einem Fleck und schütteln den Kopf im Takt der Musik.

Das Arrangement des Songs ist großes Kino. Intensive und ruhigere, melodiösere Passagen wechseln ab. Die Produktion ist absolut auf einem hohen professionellen Niveau. Keine Frage: die Jungs meinen es ernst mit ihrer Musik: „In Mannheim haben wir ein Studio gefunden, das sich auf Metal-Core spezialisiert hat. Das war natürlich gigantisch für uns.“ Die Single „Freaks“ wurde dort nicht nur aufgenommen, sondern vom Studioinhaber und Produzenten abgemischt und tontechnisch veredelt.

Neben Severin Sailer (19) komplettieren Bastian Gölz (19) am Schlagzeug und Philipp Tenberken (19) an der E-Gitarre die Band. Zwar besteht „Avralize“ offiziell erst seit diesem Jahr, doch in der Vorgängerband „Silent Fox“ waren die drei bereits länger aktiv. Bastian und Severin zählen zu den Gründungsmitgliedern von „Silent Fox“. Severins Gitarrenlehrer und Bastians Schlagzeuglehrer brachten die Jungs im zarten Alter von zehn Jahren zusammen. Die fanden es zunächst einfach nur cool, in einer „BAND“ zu spielen: „‘Wir sind die von der Band‘ – das klang schon ziemlich amtlich in der vierten Klasse.“ Die ersten Jahre spielten sie nur bekannte Songs nach, aber dann entstanden die ersten eigenen Stücke mit englischen Texten: „Vom Stil her war das klassischer Heavy Metal, harte Riffs und Texte vom dunklen Wald und so…“

Nach einigen Besetzungswechseln stieß irgendwann Gitarrist Philipp zur Gruppe. „Ein wahnsinniges Naturtalent“, wie seine beiden Bandkollegen anerkennend feststellen. Gitarrenunterricht war gestern. Philipp brachte sich das Gitarrenspielen selbst bei. Mit Hilfe von Tutorials auf YouTube. Mit Philipp an der Gitarre konnte „Silent Fox“ einen enormen Erfolg feiern. Sie gewannen Ende 2021 den bundesweiten Bandwettbewerb „School jam“. Ein Preis unter gleich mehreren: die gigantische Möglichkeit, jeweils als „Opener“ bei den Open-Air-Rockfestivals „Southside“ in Neuhausen ob Eck bei Tuttlingen und „Hurricane“ in Eichenring bei Scheeßel, zwischen Bremen und Hamburg, vor tausenden von Besuchern aufzutreten.

Mit diesen unglaublichen Terminen vor der Brust wagten die drei Jungs den Neustart. Es erfolgte die Umbenennung in „Avralize“ und die Arbeit an komplett neuen Songs. „Avralize“ ist ein in der Schreibweise leicht abgewandelter Begriff aus dem Englischen und beschreibt Gefühle, welche durch Schall und Sounds ausgelöst werden.

Die drei gaben sich nach eigenen Angaben noch mehr Mühe beim Songwriting: „Die Songs wurden komplexer.“ Alle drei sind nicht nur auf ihre Instrumente fixiert, wie Severin berichtet: „Jeder von uns dreien kann Schlagzeug, Bass und Gitarre spielen, auch ein wenig Klavier.“ Die Songs entstehen dann abwechselnd im Aldinger Proberaum und im eigenen kleinen Studio, das sich Severin im Keller des elterlichen Hauses eingerichtet hat. Wichtigster Bestandteil bei der Umwandlung des Raumes in ein „Studio“: die guten alten Eierkartons. Generationen von Nachwuchs-Musikern machten sich die förderlichen Eigenschaften dieser Behältnisse zu nutze. Durch Struktur und Material können Eierkartons dabei helfen, die Raumakustik zu verbessern.

Nicht nur Stunden, sondern Tage verbringen die Drei in den genannten Räumlichkeiten. Das Wochenende wird grundsätzlich durchgeprobt. Und nicht nur das: Severin widmet sich der Band im Rahmen eines Art „Vollzeitjobs“: „Ich konzentriere mich gerade voll auf die Band. Ein Jahr lang möchte ich meine komplette Zeit in das Projekt stecken.“ Neben dem Feilen an den Songs, sucht er Auftritte, pflegt Social-Media-Kanäle, baut Kontakte auf, verschickt Bewerbungen für Festivals, schreibt Texte, bemustert Blogs und Magazine oder entwickelt Konzepte und Strategien für „Avralize“. Bastian und Philipp sind froh, dass ihr Frontmann sich um alles kümmert. Sie dagegen haben aufgrund ihrer „Neben-Jobs“ deutlich weniger Zeit. Bastian absolviert eine Ausbildung zum Chirurgiemechaniker in Tuttlingen, Philipp studiert Maschinenbau in Konstanz. Natürlich leben aber alle Bandmitglieder den Traum, vielleicht irgendwann zumindest zeitweise von der Musik leben zu können.

Warum spielen sie überhaupt ihre „modern heavy music“, wie Severin den Stil beschreibt? „Wir möchten Menschen inspirieren, sie emotional erreichen. Wenn das gelingt, macht es uns happy!“ Jeder Song soll dementsprechend eine kleine „Achterbahnfahrt“ für die Hörer beinhalten, sprich: schnelle, intensive Parts und ruhigere, melodiösere wechseln sich ab. „Mit dem neuen Material sind wir total zufrieden“, freut sich Bastian. Für die aufgenommene Single „Freaks“ wurde in Eigenregie auch ein Video produziert. Weitere sollen folgen, um die sozialen Netzwerke mit Content zu bestücken. Die Drei sind sich einig: „Heutzutage ist das Marketing fast wichtiger als die Musik.“ Fast alles laufe über Social-Media: „Von daher ist es mehr oder weniger egal, ob man als Band in Berlin sitzt oder in Rottweil.“

Wer mehr über die Band wissen möchte:
https://linktr.ee/avralizemusic

Severin Sailer, Bastian Gölz und Philipp Tenberken sind AVRALIZE.