14.07.2021

Antike: 117 n.Chr.

Gestatten: Claudius Sarondus,

Beamter („legatus augusti “) im alten Rom und als solcher gerade im Jahr 117 nach Christus auf einer Inspektionsreise durchs römische Reich, die mich bis nach Arae Flaviae (heutiges Rottweil) geführt hat. Man bat mich, Euch etwas über unsere Latrinen zu berichten. Das kann ich gerne tun. Wir befinden uns hier in einer Latrine in der öffentlichen Badeanstalt von Arae Flaviae. Leider ist heute nicht mehr allzu viel davon zu sehen, aber ich versuche, es Euch zu erklären.

Für uns Römer ist es selbstverständlich, beim Bau einer Siedlung Abwasserkanäle anzulegen, die von unseren Sklaven regelmäßig gereinigt werden. Man möchte ja als kultivierter Mensch nicht ständig dieser stinkenden Brühe ausgesetzt sein. Auch hier in Arae Flaviae wird das Abwasser in sorgfältig gearbeiteten kleinen Kanälen aus Stein oder Ziegeln in Richtung Prim oder Neckar abgeleitet. Mit der „Venus Cloacina“ gibt es bei uns sogar eine Göttin der Abwasserleitungen.

Verspüre ich also ein dringendes Bedürfnis der kleineren oder größeren Art suche ich mir eine Latrine – bei Euch würde man sagen: eine öffentliche Toilette. Latrinen befinden sich in der Regel in oder an öffentlichen Bädern, da wir das Abwasser der Bäder gleich auch noch für den Abtransport menschlicher Hinterlassenschafen nutzen. Bei der Latrine handelt es sich um einen größeren Raum mit langen Sitzbänken an der Wand. In den Sitzbänken sind Löcher eingelassen. Da setzt man sich drauf und verrichtet sein Geschäft. Währenddessen lässt es sich übrigens trefflich diskutieren und Geschäfte machen. Manche Latrinen bieten Platz für 50 bis 60 Personen, manche haben sogar Fußbodenheizung, allerdings nicht hier in Rottweil…Trennwände oder so einen Quatsch dagegen benötigen wir nicht.

Üble Gerüche gibt es kaum, da unter den Sitzbänken durchgängig das Abwasser vom Bad fließt, welches die Fäkalien umgehend abtransportiert. Doch nicht nur das. Jeder Römerin und jedem Römer ist schon mindestens einmal versehentlich etwas in das Loch gefallen: Haarnadeln, Schmuck, Münzen oder Fibeln. Der ganze Plunder taucht ja dann bei Euren Ausgrabungen wieder auf…

Ist das Geschäft in der Latrine erledigt, nutzt man einen Stock, an dem ein kleiner Schwamm befestigt ist, um sich zu putzen. Den Stock teilen wir uns natürlich oder bringen ihn von zuhause mit. Wir sind ja keine Verschwender! Frisches Wasser befindet sich genau vor den Füßen in einer kleinen Rinne. Ich sagte ja schon mehrfach, dass wir Römer kultivierte Menschen sind. Allerdings muss man fairerweise zugeben, dass wir nicht die ersten waren, die auf Hygiene achten. Beispiele aus der Antike, wie Ihr unsere großartige Epoche nennt, gibt es zuhauf.

Für Euch hier nur ein paar: Bereits 3000 vor Christus kannten die Sumerer im heutigen Irak bereits Toiletten mit Wasserspülung. Ebenso gab es Abwasserkanäle in den bereits gepflasterten Straßen. 600 vor Christus galt Babylon im heutigen Irak als die prunkvollste Stadt der Welt. Dort hatte man 1.450 Kilometer Wasser- und Abwasserleitungen verlegt. Und 150 vor Christus verfügten in Griechenland die meisten wohlhabenden Bürger bereits über eine Toilette.

Aber uns Römer kann trotzdem keiner! Bereits 400 vor Christus entstand in Rom die „Cloaca Maxima“ – ein riesiger Abwasserkanal in der Unterwelt Roms. Teilweise bis zu drei Meter breit und mehr als vier Meter hoch. Die „Cloaca Maxima“ besteht teilweise bis heute noch und funktioniert nach wie vor!!!

GELD STINKT NICHT

Selbst das Sprichwort „Geld stinkt nicht“ hat mit der römischen Abwasserentsorgung zu tun. Damals gab es den Beruf des Urinsammlers. In den Städten standen überall Amphoren als Pissoir, um den Urin zu sammeln. Die Urinsammler verkauften für viel Geld den Urin an die Wäschereien und Gerbereien, wo die ammoniakhaltige Flüssigkeit als fettlösendes Waschmittel benutzt wurde. Der Kaiser Vespasian wollte den Staat an den Einnahmen der Urinsammler beteiligen und deshalb eine Urinsteuer erheben. Sein Sohn Titus rügte ihn deshalb. Da hielt ihm Vespasian eine Münze vor die Nase und fragte, ob denn die Münze nach Urin riechen würde. Als Titus mit „Nein“ antwortete, entgegnete Vespasian: „Und doch stammt das Geld von der Urinsteuer. Geld stinkt nicht – Pecunia non olet“.