14.07.2021

19. Jahrhundert: 1899

Gestatten: Sebastian Maulbetsch,

Lehrer für Latein, Griechisch und Geschichte am Untergymnasium in Rottweil. Ich befinde mich hier vor dem gerade fertig gestellten Toilettenhaus unserer Schule. Wir schreiben das Jahr 1899. Der Bau bedeutet viel für uns. Endlich kommen auch unsere Schüler in den Genuss moderner Wasserklosetts und müssen zumindest in der Schule nicht mehr die stinkenden Plumpsklos nutzen. Was lange währt, wird endlich gut.

Als Geschichtslehrer fiel es mir leicht, herauszufinden, dass der Rottweiler Rat bereits im Jahr 1673 beschlossen hatte, alle offenen und überirdischen Abwasserleitungen („Dolen“) abzuschaffen. Nur noch unterirdische Dolen sollten erlaubt sein. Leider waren nur sehr wenige Bürger überhaupt an ein Abwassersystem angeschlossen. Darüber hinaus ließen sich unterirdische Dolen kaum finanzieren.

Somit vermischten sich Abwasser und Trinkwasser weiterhin ungehindert im Boden. Die Folgen waren verheerend, wie die Totenbücher von Heilig Kreuz bis Ende des 18. Jahrhunderts belegen: wiederkehrende Seuchen mit zahlreichen Opfern. Leider fehlte damals das Wissen von heute.

Vor wenigen Jahren konnten nämlich der Naturwissenschaftler Louis Pasteur und der Mediziner Robert Koch nachweisen, dass für viele Krankheiten Mikroorganismen im durch Fäkalien verschmutzten Trinkwasser verantwortlich sind. Gleichzeitig funktioniert vielerorts die natürliche Reinigung zahlreicher Fließgewässer nicht mehr und endlich wird landauf landab die Bedeutung einer funktionierenden Abwasserentsorgung erkannt. Bin gespannt, wann sich hier in Rottweil diesbezüglich etwas tut. Abwasserkanäle gibt es nur vereinzelt und enden alle im Neckar. Der arme Fluss stinkt zum Himmel. Lange geht das so nicht mehr gut!

Zurück zu unserem schulischen Toilettenhaus hier hinter mir. Wir in Rottweil mussten ja bis 1873 warten, dann endlich ersetzte eine zentrale Trinkwasserversorgung die zahlreichen Brunnen. Zu diesem Zweck wurde im Brunnentäle eine Quelle gefasst und ein Hochbehälter unterhalb des Hochturms angelegt, von dem aus sämtliche Haushalte über Trinkwasserleitungen versorgt werden. Die sanitäre Ausstattung beschränkt sich in den meisten Privathäusern in Rottweil immer noch auf nur einen Wasserhahn pro Haus. Ganz abgesehen davon, dass die Plumpsklos und die vielen Sickergruben leider nach wie vor bestehen. Dieses kleine Toilettenhaus ist somit ein großer Schritt in eine bessere Zukunft !

DIE GESCHICHTE DES KLOPAPIERS

Das erste industriell gefertigte und kommerziell vertriebene Toilettenpapier kam 1857 in Amerika auf den Markt. Es war blattweise zugeschnitten und getränkt mit Aloe Vera. Rollen wurden erst Ende des 19. Jahrhunderts produziert. In Deutschland gründete Hans Klenk 1928 in Ludwigsburg die erste Toilettenpapierfabrik. Vertrieben wurde damals raues Krepppapier. Nach dem Zweiten Weltkrieg behalfen sich viele Menschen mit zugeschnittenem Zeitungspapier. Erst Ende der 1950er Jahre erreichte das weichere Tissue-Papier von Amerika aus den deutschen Markt. 1972 konnte man erstmals in der Bundesrepublik zweilagiges Toilettenpapier erstehen. Während die Bürgerinnen und Bürger der ehemaligen DDR noch immer mit einlagigem Krepp-Papier Vorlieb nehmen mussten, kamen in der BRD 1984 sogar Luxus-Rollen in Drei-Lagen-Qualität in den Handel. Heute ist die Auswahl groß: duftend, bedruckt, nassfest oder schnellauflösend. Knapp 10 Kilogramm Toilettenpapier verbraucht jeder Bundesbürger pro Jahr. Das entspricht im Durchschnitt rund 46 Rollen. Da spielt es keine große Rolle, dass die Industrie zwischen vier verschiedenen Benutzergruppen unterscheidet: Falter, Knüller, Wickler und Einzelblatt-Abreißer.

KLOPAPIER DER ENERGIEVERSORGUNG ROTTWEIL ERKLÄRT DIE ABWASSERREINIGUNG

Das Klo als Lernort - die ENRW möchte die ungemein wichtige Bedeutung der Abwasserreinigung bekannter machen. Der regionale Energieversorger hat aus diesem Grund ein ganz besonderes Toilettenpapier erfunden. Auf diesem werden grafisch anschaulich und in Farbe die 14 wesentlichen Arbeitsschritte auf der Rottweiler Kläranlage dargestellt. Eine funktionierende Abwasser-Entsorgung ist gelebte Daseinsvorsorge: In der ältesten Stadt Baden-Württembergs ist die vom ENRW Eigenbetrieb Stadtentwässerung betriebene Kläranlage für diese große Aufgabe zuständig. Abseits der öffentlichen Wahrnehmung verrichtet sie Tag für Tag ihre unverzichtbare Arbeit.

Mit dem ganz besonderen Toilettenpapier möchte das Marketing-Team der ENRW ein Bewusstsein schaffen für die tägliche Arbeit der Kolleginnen und Kollegen: „Für uns sind sie Entsorgungs-Helden“, so Schicht, „wo, wenn nicht auf dem Klo lässt sich diese Botschaft am besten platzieren.“Das Toilettenpapier kann gratis im ENRW-Kundenzentrum, Kapellenhof 6 in Rottweil, abgeholt werden, solange Vorrat reicht. Allerdings ist die Erstauflage limitiert. Pro Haushalt gibt es (zunächst) nur eine Rolle. Öffnungszeiten sind: Montag – Donnerstag 8 bis 16 Uhr und Freitag 8 bis 12.30 Uhr.