10.07.2024

„Nichts gibt einem so viel zurück wie dieser Sport“

Im Alter zwischen fünf und sechs Jahren hatten die beiden das erste Mal den Motocrosshelm auf – heute sind sie 24 und 25 und fahren allen davon. Mit ihrem Hobby folgen die Brüder Eric und Henry Schönburg aus Spaichingen der Leidenschaft ihres Vaters Günter, der seinerzeit unter anderem an der Deutschen Meisterschaft teilnahm. Er hat die beiden früh an das Thema herangeführt und eine Begeisterung geweckt, die bis heute geblieben ist. „Auch, wenn unser Vater heute nicht mehr aktiv fährt, ist es für uns ein Familiensport. Er ist bei allen Rennen mit dabei“, erklärt Eric Schönburg. „Und das nicht nur, um uns mit Ratschlägen und Tipps zu unterstützen, sondern auch, weil er unser Mechaniker ist. Er kümmert sich am Renntag um die Wartung, Instandhaltung und, falls nötig, Reparatur unserer Maschinen.“ Sowohl Eric als auch Henry fahren eine KTM SX 450 F – und das hat mitunter ganz praktische Gründe: Dadurch, dass die beiden Söhne das gleiche Fabrikat fahren, muss Vater Günter nicht die Ersatzteile für zwei verschiedene Modelle bereithalten. Zudem kennt er alle Tücken und Besonderheiten. Da geht so manche Reparatur schneller von der Hand.

„Unserer Mutter fährt selbst nicht, unterstützt uns aber, wo sie kann und steht immer hinter uns“, ergänzt Henry Schönburg. „Auch, wenn sie wahrscheinlich schon das eine oder andere Mal froh gewesen wäre, wenn wir uns für Fußball entschieden hätten. Denn Verletzungen bleiben bei der Intensität, in der wir das Hobby betreiben, einfach nicht aus.“ Lachend ergänzt er: „Es gibt da ein ganz bezeichnendes Foto von uns, auf dem Eric wegen eines Oberschenkelbruchs im Rollstuhl zu sehen ist und ich stehe mit Gipsarm hinter ihm und versuche, ihn zu schieben. Zum Glück hört sich das schlimmer an, als es war. Bisher ist alles noch glimpflich ausgegangen.“

Dabei haben die beiden Sportler im Laufe ihrer Jugend durchaus einiges ausprobiert – von Volleyball bis hin zu Tennis. „Am Ende kamen wir dann aber immer wieder zurück zum Motorsport“, sagt Eric Schönburg. „Die Faszination hat uns beide nie losgelassen. Nichts fordert einen so sehr und gibt einem gleichzeitig so viel zurück, wie dieser Sport. In dem Moment, wo es auf die Maschine geht, muss man zu 100 Prozent in seine Fähigkeiten vertrauen. Benötigt werden alle konditionellen und koordinativen Fähigkeiten. Neben Ausdauer, Kraft, Schnelligkeit, Beweglichkeit und Koordination gehört dann immer noch eine Portion Mut und vor allem auch Willenskraft dazu.“

Das Gefühl vor einem Rennen beschreiben die beiden ähnlich wie vor einer Prüfung: „Da hat man einen flauen Magen und das Adrenalin schießt in die Höhe – nur eben im positiven Sinn“, so Henry Schönburg. „Was den Sport außerdem so besonders macht, ist, dass nicht nur jede Strecke, sondern auch jede Runde anders ist. Ob das die Fahrer vor oder hinter dir sind und wie diese sich verhalten, oder die Spuren im Boden. Um die Bestzeit zu schaffen, reicht es nicht, top trainiert zu sein und eine perfekt gewartete Maschine zu haben. Man muss auf zahlreiche Faktoren achten und in Bruchteilen einer Sekunde Entscheidungen treffen, welche den weiteren Rennverlauf beeinflussen können. Das habe ich so noch in keinem anderen Sport erlebt.“

Nicht zuletzt wegen dieser Leidenschaft fahren die beiden Mitglieder des MSC Spaichingen bis heute auf semi-professionellem Niveau. Ein Level, das enormen Leistungs- und Zeitaufwand mit sich bringt. Und das auch parallel zu Ausbildung oder Studium und heute Vollzeitjobs. „Wir trainieren eigentlich jeden Tag“, erklärt Eric Schönburg. „Natürlich sind wir oft auf der Rennstrecke, aber wichtig ist auch ganz klassisches Ausdauer- oder Krafttraining in Form von Joggen oder Mountainbiken.“ Innerhalb der Saison zwischen Frühjahr und Herbst steht zudem fast jedes Wochenende ein Rennen an. Im Winter, wenn das Wetter in Deutschland das Fahren nicht zulässt, sind die beiden zum Training regelmäßig auf Rennstrecken in Italien oder Spanien unterwegs. Und das am besten gemeinsam, denn es ist wichtig, einen Trainingspartner zu haben, um auch hier an seine Grenzen zu gehen und sich weiterzuentwickeln. „Wir sind ein gutes Team und treiben uns gegenseitig an, das ist sehr wertvoll“, erklärt Eric Schönburg. „Man achtet kritisch auf die Performance des anderen und weist beispielsweise darauf hin, wenn er seine Haltung verbessern kann oder seine Spurenwahl überdenken sollte.“

Die Titel, die Eric Schönburg in seinen 25 Jahren bereits eingefahren hat, können sich sehen lassen. Zu seinen bislang größten Erfolgen zählen unter anderem die Titel Deutscher Meister Kids (65ccm) im Jahr 2009, Deutscher-Jugend-Motocross-Verband (DJMV)-Meister 2010 und 2021, Baden-Württembergischer Meister 2019 und 2021 sowie MSR Masters Sieger 2022 und Vize-Champ 2023. Und seine Ziele für die Zukunft? „Ein Ziel für dieses Jahr ist es bei den Läufen zur Deutschen Meisterschaft Platzierungen in den Top 10 einzufahren, den MSR Masters Titel zurückzuholen und einfach geile Rennläufe zu haben“, erklärt er.

Aber warum haben die beiden ihr Hobby nicht zum Beruf gemacht? „Für mich stand tatsächlich mal eine Zeit lang die Idee einer Profikarriere im Raum“, erklärt Eric Schönburg. „Aber das würde dann bedeuten: Ganz oder gar nicht. Also der Eintritt in ein Internat, bei dem das Training neben der Schule im Vordergrund steht. Motocross ist bei uns in Deutschland aber nach wie vor eher eine Randsportart – da muss man sich dann irgendwann die Frage stellen, ob es wirklich dieser Weg sein soll und welche Ziele man am Ende damit verfolgt. Leider ist es hier nicht so wie beispielsweise im Fußball, wo man als Profi am Ende tatsächlich davon leben kann. Hinzu kam dann etwa zu dieser Zeit auch noch mein Oberschenkelbruch, der mich eine ganze Weile lang außer Gefecht gesetzt hat. Am Ende habe ich mich dann gegen diesen Schritt entschieden, was im Nachhinein auf jeden Fall nicht die schlechtere Entscheidung war.“

Für Henry Schönburg kam der Weg Richtung Profikarriere nie in Frage. Der jüngere Bruder hatte immer den Ansporn besser als Eric zu sein. Auch seine Erfolge der letzten Jahre können sich sehen lassen. Hierzu zählen: DJMV-Meister 2016, MSR Youngster Meister 2021 und MSR Masters Platz 4 2022 und 2023. Und auf was trainiert er gerade hin? „Ich habe mir vorgenommen mich für die ADAC MX Masters zu qualifizieren, bei den MSR Masters Podium Platzierungen einzufahren und eine konstante Saison abzuliefern“, erklärt er.

Der MSC Spaichingen („Motor-Sport-Club Dreifaltigkeitsberg Spaichingen im ADAC“) wurde bereits 1964 gegründet. Heute hat der Verein um die 400 Mitglieder. Die rund 900 Meter lange Strecke des Clubs verfügt über 14 Sprünge, deren Verlauf von den Vereinsmitgliedern regelmäßig verändert und angepasst wird. Mehr Infos zum MSC Spaichingen unter: www.msc-spaichingen.deInstagram: msc_spaichingen
Henry (links) und Eric (rechts) Schönburg