08.04.2024

Küchenschelle

„Das anbieten, was man selbst gerne essen möchte“

Eigentlich zählt die Küchenschelle zur Pflanzengattung der Hahnenfußgewächse. Beheimatet ist der hübsche, lilafarbene Frühlingsblüher vor allem auf der Nordhalbkugel – ein Exemplar der etwas anderen Art hat jedoch in der Hochmaiengasse 14 in der Rottweiler Altstadt seinen Platz gefunden: In dem gleichnamigen Restaurant bieten Barbara Porsche und Gritt Steyer seit Oktober 2023 gesunde und ausgewogene vegetarische Speisen an. Der Name war dabei schon lange vor der Idee zur eigenen Gastronomie da: „Ich habe schon immer gerne gekocht“, erzählt Barbara Porsche. „Ursprünglich hatte ich einmal über einen Foodblog nachgedacht, den ich gerne ‚Küchenschelle‘ genannt hätte – aus zeitlichen Gründen wurde daraus aber nie etwas. Heute kommt der Name jetzt doch noch zum Einsatz.“

Mit Anfang 40 entschließt sich Barbara Porsche dann dazu, ihr Hobby zum Beruf zu machen: Sie beginnt eine Lehre zur Köchin und arbeitet fortan in verschiedenen gastronomischen Einrichtungen. Das Einzige, was sie immer etwas stört: Ohne Fleisch geht es kaum. Und wenn, wird nur selten Wert auf Bio-Ware oder regionale Produkte gelegt. „Der Wunsch hat mich nicht losgelassen, endlich mal nur das zu kochen, auf das ich auch selbst Lust habe: abwechslungsreich und ausgewogen, mit Einflüssen aus aller Welt.“ Zuerst denkt sie über einen Foodtruck nach. „Ich habe mir das so vorgestellt, dass ich einen festen Ort habe, wo ich alles lagern und zubereiten kann und dann rausfahre und meine Gerichte direkt aus dem Truck verkaufe – oder Caterings anbiete. Am Ende bin ich jedoch auf die Räumlichkeiten der heutigen Küchenschelle gestoßen und dachte mir: Warum nicht kochen und direkt hier vermarkten?“

In etwa diesem Zeitraum kommt auch Gritt Steyer mit an Bord. Die gelernte Restaurantfachfrau und Barbara Porsche kennen sich von der gemeinsamen Zeit als Angestellte in einem Bioladen. „Wir haben schnell gemerkt, dass bei uns die Chemie stimmt“, erzählt Gritt Steyer. „Haben wir uns einmal zufällig außerhalb der Arbeit beim Spazierengehen am Neckar getroffen, verging da im Gespräch schnell mal eine Stunde oder mehr.“ Die beiden verstehen sich persönlich gut, haben aber auch dieselben Ansichten und Wünsche, was die Verarbeitung und Wertschätzung von Lebensmitteln anbelangt: Sie wollen leckere und gleichzeitig gesündere Alternativen zu Fast Food oder Fertiggerichten bieten. Dem Einstieg von Gritt Steyer bei der Küchenschelle steht nichts mehr im Weg.

Auch bei der Renovierung sind die beiden ein eingespieltes Team. Die alten Räumlichkeiten haben schon einiges miterlebt, das spiegelte sich an verschiedensten gestalterischen Überbleibseln der Vormieter wider. Es wird verputzt, gestrichen und erneuert, was das Zeug hält. Zudem muss die Küche ausgebaut und eingerichtet werden und eine Kundentoilette fehlt. „Zeitweise waren bis zu fünf Gewerke gleichzeitig im Laden“, erinnern sich die beiden Frauen schmunzelnd. „Wir wollen Gästen eine gemütliche Atmosphäre bieten, in der sie sich wohl- und willkommen fühlen“, erklärt Barbara Porsche. „Mithilfe einer Innenarchitektin haben wir unsere Ideen umgesetzt. Echtholzmöbel waren für mich zum Beispiel ein Muss, das spiegelt Wertigkeit und Wärme wider. Knifflig war es, den geringen Platz optimal zu nutzen. Ein mobiler Empfangstresen lässt sich zur Seite schieben, um Platz für Weihnachtsfeiern oder Weinverkostungen zu schaffen.“

Während der planerischen Endphase im Herbst 2023 kam die Rottweiler Innenstadtmanagerin Kerstin Ohnmacht auf die beiden Frauen zu. Sie schlug ihnen vor, am Gründungswettbewerb teilzunehmen. „Natürlich hat sich das Konzept toll angehört“, erinnert sich Gritt Steyer. „Aber nach dem bürokratischen und organisatorischen Stress der letzten Wochen mussten wir uns das erst einmal durch den Kopf gehen lassen. Von vielen der Leistungen konnten wir in unserer Phase der Neueröffnung auch gar nicht mehr profitieren – dazu waren wir einfach schon zu weit.“ Schließlich machen sie sich aber doch daran, den Online-Fragebogen auszufüllen und bereiten eine Präsentation vor. Diese reichen sie kurz vor Eröffnung des Restaurants ein und erhalten wenig später die Info, dass sie es in die Vorauswahl geschafft haben. „Und dann hieß es, wir sollen kommen und unsere Präsentation vorstellen“, erklärt Barbara Porsche. „Und das an einem Tag kurz nach der Eröffnung, an dem mittags besonders viel los war und wir auch noch ein Catering vorbereiten mussten – Zeit, um nervös zu sein, blieb so zum Glück gar nicht erst.“ Und ihr Konzept kam an: Einige Wochen später bekommen die beiden Frauen die Nachricht, dass die Küchenschelle den zweiten Platz belegt hat.

„Die Platzierung beim Gründungswettbewerb hat uns natürlich den Rücken gestärkt“, erzählt Gritt Steyer. „Aber auch das Feedback unserer Kundschaft ist bislang durchweg positiv. Und die ist bunt gemischt: Zu uns kommen junge Menschen, die Lust auf leckere, abwechslungsreiche Gerichte haben und auch mal neue Gewürze und Geschmacksrichtungen ausprobieren wollen. Berufstätige, die mittags eine reichhaltige und sättigende Alternative zu Döner oder Bäckerbrötchen suchen.

Aber auch ältere Menschen, die nicht mehr selbst kochen wollen oder aber aus gesundheitlichen Gründen auf eine ausgewogene Kost achten müssen.“ Auch verschiedene Heißgetränke – vom klassischen Café Crema bis hin zum Kurkuma Latte – und Gebäck bietet die Küchenschelle an. Zudem gibt es jeden Tag bis 12 Uhr verschiedene Frühstücksoptionen. „Auch hier wollen wir den Menschen genussvolle Alternativen bieten“, erklärt Gritt Steyer. „Ein Smoothie oder eine Müsli-Bowl halten lange satt und liegen nicht so schwer im Magen.“

Unser Interview wird kurz unterbrochen: Hinter uns sitzt ein junges Pärchen, das die Tagessuppe bestellt hat: „Entschuldigen Sie, ich muss kurz nachfragen – das schmeckt so lecker: Wie bekommen Sie es hin, dass die Suppe diesen tollen Ingwergeschmack hat, ohne, dass sie zu scharf ist, ....“

Bei der Frage, was sie anderen Menschen raten würden, die über das Thema Gründung nachdenken, müssen die beiden nicht lange überlegen: „Es ist nicht ganz ohne, es braucht Planung und einen festen Willen – das ist ganz klar“, sagt Barbara Porsche. „Aber wenn man hinter einer Idee steht und an sich glaubt, dann sollte man den Schritt wagen: Entweder es läuft, oder es läuft nicht. Dann überlegt man sich eben etwas anderes – nur nicht aufgeben.“ Gritt Steyer ergänzt: „Alles im Leben ist ein Lernprozess. Wichtig ist, dass man immer offen und spontan bleibt.“

Barbara Porsche (links) und Gritt Steyer haben mit ihrem Konzept der Küchenschelle beim Gründungswettbewerb 2023 den zweiten Platz belegt.