06.10.2022

Tanzen ist wie Atmen

Tanzclub bravO aus Spaichingen

Die Arbeit ist in vollem Gange auf dem Video, das der Tanzclub bravO auf seinem Instagram-Kanal veröffentlicht hat. Viele fleißige Hände nähen üppige Tüllröcke, flechten Efeukränze, basteln Hüte und schneiden Herzen aus rotem Filz aus. Die Vorbereitungen für den großen Auftritt am 16. Dezember laufen auf Hochtouren. An diesem Abend führen rund 60 Kinder das Tanzmusical „Das Märchenbuch“ im Konzerthaus Trossingen auf.

Doch bis dahin muss fleißig weitergeübt werden. Die Choreografien tragen allesamt die Handschrift von Olena Khutorni, Tanzlehrerin und Inhabern des Tanzclubs bravO in Spaichingen. „Mir ist es wichtig, dass die Choreos vielseitig sind und viele verschiedene Tanzstile vorkommen“, berichtet die passionierte Tänzerin. Dabei ist sie stolz auf ihr Organisationsteam, zu dem auch Christine Hottmann und Lina Klemmer zählen. Beide tanzen in Khutornis Erwachsenengruppe und sind mit Feuereifer dabei. „Olena hat eine sehr große Fantasie. Doch diese Dinge gibt es nirgends zu kaufen, also machen wir sehr viel selbst“, verrät Christine Hottmann lachend.

Bei den Kindern herrscht bereits jetzt große Vorfreude. Insgesamt sieben Kindergruppen unterrichtet Olena – fast ausschließlich Mädchen. „In Deutschland ist bei den Jungs Tanzen leider unpopulär“, weiß sie. Einzig ihr 19-jähriger Sohn tanzt mit.

Die jüngsten ihrer Schülerinnen sind fünf Jahre alt, in Ausnahmefällen unterrichtet sie auch jüngere Kinder. „Manche sind geboren zum Tanzen“, weiß sie. „Es muss eine gewisse Aufmerksamkeit und ein Interesse am Tanzen da sein.“ Christine Hottmann, deren Tochter seit vielen Jahren bei „bravO“ tanzt, weiß um die Disziplin: „Olena ist vom Fach. Sie ist schon streng, aber sie lobt natürlich auch.“ Eine aufrechte Körperhaltung, ein gerader Rücken, Balance und sich schön zu präsentieren lernen die Schülerinnen im Tanzunterricht. „Der Einfluss von mir bleibt für immer“, fügt Olena lachend hinzu. „Aber ein positiver“, ergänzt Lina Klemmer, deren Tochter ebenfalls bei ihr tanzt.

Olenas persönliche Tanzkarriere begann in jungen Jahren in der Ukraine. „Immer wenn ich Musik gehört habe, habe ich getanzt“, erzählt sie. „Tanzen ist wie atmen für mich.“ Begonnen hat sie mit Balletttanzen, das durch die ständigen Wiederholungen mitunter auch „harte Arbeit ist.“ Da ihr Vater Militäroffizier war, ist die Familie alle zwei bis drei Jahre umgezogen. Dadurch hat Olena viele verschiedene Tanzstile kennengelernt. Beim Balltanzen lernte sie schließlich ihren Mann Alexander kennen, mit dem sie bis heute ein Tanzpaar bildet und Tanzturniere bestreitet. Studiert hat die passionierte Tänzerin übrigens Mathematik an der Uni in Kiew.

Beim wöchentlichen Training im eigens dafür eingerichteten Tanzsaal geht es mit Aufwärmen los, danach stehen Dehnungsübungen auf dem Programm. Ebenso üben die Tänzerinnen Sprünge, Drehungen und verbessern ihre Balance. Olena, die den Tanzclub bravO 2009 gegründet hat, bezeichnet den Tanzstil als Tanztheater. Die Tänzerinnen erzählen Geschichten, auch schauspielerische Elemente sind dabei. So hat kürzlich ein Casting stattgefunden, bei dem Kinder gesucht wurden, die den Figuren im Musical ihre Stimme leihen. Die Texte werden vorab aufgenommen und beim Auftritt abgespielt. Damit die Schauspieler sich daran gewöhnen, ihre Mundbewegung an die Aufnahme anzupassen, übt Olena mit ihnen die entsprechenden Passagen.

Die Tanzlehrerin behandelt jedes Training wie einen Auftritt und bereitet dieses akribisch vor. Ihren Tanzschülerinnen sagt sie immer: „Ihr müsst ans Publikum Energie schicken, dann sendet sie Euch das Publikum zurück.“ Ihren Schülerinnen schenkt sie jede Stunde ihre volle Power, wenn sie diese zurückbekommt, war es eine schöne Stunde. Das bestätigen auch Christine und Lina: „Nach dem Training sind wir fix und fertig, aber voller Energie.“

Energie benötigen die beiden auch für den großen Auftritt im Dezember, bei dem sie mit weiteren Eltern hinter den Kulissen alle Hände voll zu tun haben werden. „Hinter der Bühne ist Action und es geht mitunter auch hektisch zu“, wissen sie aus Erfahrung. Innerhalb von 30 Sekunden müssen die Kinder umgezogen werden und das mindestens dreimal an diesem Abend. Nachdem der Auftritt über der Bühne ist, gibt es als Belohnung für die Kinder, ihre Eltern und alle Helfer einen Videoabend mit Popcorn, bei dem sich alle den Auftritt anschauen können.

Immer wieder gerne erinnert sich Olena an den letzten großen Auftritt 2019 zurück. Damals führte ihr Ensemble „Die Schneekönigin“ auf. „Ich dachte nur: ‘Wow, wie schön das ist auf der Bühne – einfach zauberhaft.‘“ Auch diesmal sorgt stimmungsvolle Musik für eine magische Atmosphäre, entsprechende Licht- und Tontechnik perfektioniert den Auftritt.

Wer Freude am Tanzen hat, ist jederzeit willkommen und darf gleich mitmachen. „Fürs Tanzen gibt es kein Alter“, weiß Olena. Weitere Infos unter www.tanzclub-bravo.de.

Olena Khutorni (Mitte), Tanzlehrerin und Inhaberin des Tanzclubs bravO in Spaichingen, mit Schülerinnen.