01.10.2019

Mini ist das neue Maximum beim Wohnen

Mini-Häuser schließen Baulücken, sind mobil und offenbaren das Wesentliche

Der Platz wird knapp. Um der Natur künftig noch ein wenig Raum zu lassen und der Versiegelung der Landschaft entgegen zu wirken, gilt es, die vorhandene Wohnbebauung zu verdichten. Mini-Häuser gelten hier als zukunftsträchtige Lösung. Die Großeltern im Garten, die Eltern im Anbau oder die Kinder auf dem Dach: mit mobilen Wohnmodulen zum Festpreis lässt sich nicht nur Lebensraum schnell, günstig und umweltschonend erweitern. Die (räumliche) Beschränkung auf das Wesentliche befreit.

 

Mini-Haus im Garten
Dagmar und Armin Kohler leben auf der Schwäbischen Alb und fühlen sich in ihrem Minihaus auf 50 Quadratmetern Wohnfläche sehr wohl. Die notwendige Reduktion des Haushalts auf das im Vergleich zu ihrem vorherigen Familienhaus sehr viel kleinere Platzangebot empfinden sie als Befreiung. Von ihrer gemütlichen, mit Holzdielen gefassten Terrassenplattform schaut das Ehepaar Kohler ohne Bedauern auf das 150 Quadratmeter große ehemalige Familienhaus mit der blauen Holzfassade am anderen Ende des Gartens, in dem nun der älteste Sohn Moritz mit seiner Familie wohnt. „Als unser Sohn eine Arbeitsstelle ganz in der Nähe bekommen hat und klar war, dass er sich im Dorf niederlassen möchte, haben wir uns zuerst überlegt, in eine Eigentumswohnung in die Stadt zu ziehen und ihm das Haus zu überlassen, das für uns beide sowieso zu groß geworden war. Die Idee mit dem Minihaus im eigenen Garten hat uns dann noch besser gefallen: Wir müssen unsere gewohnte Umgebung nicht verlassen, behalten unsere sozialen Kontakte und können uns weiter im Wohnort engagieren”, erzählt Armin Kohler. So hat sich das Ehepaar für ein Flying Space – ein mobiles Wohnmodul – mit Holzlamellenfassade und weißen Putzakzenten von Fertighaushersteller SchwörerHaus entschieden. Für Haus, Terrasse und kleinen Vorgarten mit Gemüsebeet wurden vom Grundstück 150 Quadratmeter am Rand abgezweigt. So bleibt immer noch eine große Wiese für die Enkel zum Spielen.

Der Grundriss des Minihauses entspricht einer Drei-Zimmer-Wohnung mit dem Vorteil, dass alle Räume belichtet werden können – auch das Duschbad und die Abstell- und Vorratskammer mit dem Waschtrockner. Über ein paar Stufen betritt man das auf Punktfundamenten gelagerte Haus und findet sich in einer überraschend großzügigen Diele mit Garderobe wieder. Daran schließt sich der 28 Quadratmeter große offene Koch-Ess-Wohnbereich an. Eine Glasschiebetür verbindet den Wohnraum mit der Terrasse auf der Südseite. An beiden Enden des lang gezogenen Baukörpers befindet sich jeweils ein Zimmer. Eines nutzt das Ehepaar als Schlafzimmer, das andere als Büro und zweite Schlafoption.

Aufgrund der begrenzten Platzverhältnisse waren bei der Ausstattung clevere Ideen gefragt. „An der Einrichtung haben wir lange mit den Planern von SchwörerHaus getüftelt“, erinnert sich Armin Kohler. So funktioniert die kleine Anrichte vor der Küchenzeile als Raumteiler zum Esstisch, kann aber bei Platzbedarf auf Rollen zur Seite geschoben werden. Im Bad schiebt sich der semitransparente gläserne Spritzschutz bei geöffneter Dusche als Sichtschutz vor das Handtuchregal. Zwar wurde möglichst viel Stauraum in der Kammer, in Einbauschränken und unter dem Bett eingebracht, dennoch mussten Kohlers ihren Haushalt drastisch reduzieren – von der CD-Sammlung über die Kleider bis hin zu den Tassen. „Das hat auch etwas Befreiendes, es ist uns gar nicht so schwer gefallen. Wir haben viele Möbel und Bücher einfach an Bekannte oder soziale Einrichtungen verschenkt”, sagt Dagmar Kohler. „Einige unserer Bekannten haben sich aber schon gewundert, wie man so viel so einfach aufgeben kann”, ergänzt ihr Mann. Für Armin Kohler gar nicht so erstaunlich: „Wir haben festgestellt, dass wir wieder besser mit Nähe, auch räumlich, umgehen können, nachdem der Alltagsstress des Berufslebens weggefallen ist. Außerdem wollen wir in Zukunft sowieso mehr mit dem Wohnmobil unterwegs sein.“

Einen Vorzug hat das Minihaus auf jeden Fall: „Der Aufwand fürs Putzen ist überschaubar, einmal durchsaugen dauert nur wenige Minuten. Dadurch habe ich viel Zeit gewonnen“, sagt Dagmar Kohler. Da das Flying Space über eine sehr gute Wärmedämmung verfügt, genügt für die Beheizung der Schwedenofen im Wohnbereich, unterstützt von einer elektrischen Fußbodenheizung. Für frische Luft sorgt eine kontrollierte Lüftung. Sehr zufrieden zeigt sich das Ehepaar auch über den schnellen und unkomplizierten Aufbau des Hauses. Per Tieflader wurde es am Stück angeliefert und war nach einem Tag bereits bezugsfertig. „Das Haus kommt fix und fertig an. Das Schöne: man kennt von vornherein die Kosten”, sagt Armin Kohler. Und noch etwas fasziniert ihn an seinem neuen Haus: Es ist mobil. Man kann es einfach wieder auf den Transporter packen und mitnehmen – vielleicht zu einem gegebenen Zeitpunkt eine Option für den jüngsten Sohn.

 

Mini-Haus am See
„Ich bin Architekt, da will ich wenigstens einmal im Leben bauen!“ Gesagt getan. Tilo Deeg baut in Bräunlingen-Unterbränd, einem Steinwurf vom Kirnbachsee entfernt, ein Minihaus, oder besser gesagt: zwei Minihäuser ergänzt von zwei Garagen sowie einem Verbindungsgang. Seit Anfang 2019 arbeitet der 52-Jährige unterbrochen von einer zehnjährigen freiberuflichen Tätigkeit wieder als Verkäufer bei der Firma SchwörerHaus. Auf das über 800 Quadratmeter große unverbaubare Grundstück ist er durch Zufall gestoßen: „Der Bauplatz wurde nur über ebay-Kleinanzeigen angeboten, und ich hatte großes Glück.“ Als weitere glückliche Fügung bezeichnet Tilo Deeg die Tatsache, dass er von seinem Arbeitgeber ein komplett eingerichtetes Mini-Haus, welches auf mehreren Messen unterwegs war, für einen sehr fairen Preis erwerben konnte: „Dieses Haus, das zuletzt auf der Schwenninger Südwest-Messe zu sehen war, haben bereits rund 150.000 Menschen besichtigt. Es ist aber noch top in Schuss.“

Sein zweites Mini-Haus befindet sich in der Fertigung. Im Dezember möchte der Bauherr einziehen: „Ein großer Vorteil an diesen Mini-Häusern ist die schnelle Bauzeit. Ab Baugenehmigung ist die Sache in rund sieben Monaten erledigt. Dann kommt das auf Wunsch auch innen bereits komplett fertig eingerichtete Wohnmodul per Spezialfahrzeug an und ein Autokran stellt es auf Stützenfundamente, Streifenfundamente oder die Bodenplatte eines Kellers. Nach einem Tag Aufbau kann man schon einziehen.“ Mit einem Gewicht von 23 Tonnen sei es allerdings definitiv kein „tiny house“, mit dem kurzfristig der Standplatz gewechselt werden kann.

Das Interesse an den Minihäusern ist enorm, insbesondere ältere Menschen erkundigen sich nach dem ebenerdigen Wohn-Modul: „Viele Senioren bewohnen ein großes Einfamilienhaus, das OG steht leer und der Keller ist voll. Der Wohnraum wird nicht mehr benötigt, ab einem gewissen Alter reicht ein Kleiderschrank völlig aus.“ Oft unterschätzen die Interessenten jedoch den Preis, denn so einfach aus dem Regal gezogen wird das Teil natürlich nicht: „Transport, Kran, Baugenehmigung und Versorgungsanschlüsse kosten auch Geld.“ So sei die Variante mit 50 Quadratmetern je nach Ausstattung und Ausführung ab 120.000 Euro zu haben, dazu kommen noch 30 bis 40 Prozent Baunebenkosten. Was die Heizart anbelangt, gibt es in Deutschland bis 50 Quadratmeter Wohnfläche keine Vorschriften: „Da ist man völlig frei.“ Ab 50 Quadratmetern ist dann ein Technikraum notwendig.

Tilo Deeg sieht seinem Einzug völlig entspannt entgegen. Das Einverständnis der Nachbarn bezüglich Überfahrt des Schwertransporters hat er sich schon gesichert. Nur eine Kleinigkeit bereitet ihm noch Sorgen: „Ich muss noch meinen Keller ausmisten!“

Bilder 1-3: Jürgen Lippert / SchwörerHaus